Im Anfang war das Wort!
und das Wort ist Fleiß geworden
und ist unter uns gewohnt.
Un-erhört gewohnt!
Ich bin ein Wortklauber,
ich klaube an das Wort.
Doch: ist das Wort nicht der Rede wert,
so hilft nur noch Klauben!
Klauben versetzt Worte.
Vom Un-säglichen ins Sagenhafte.
Vom Un- ins An-gesagte.
Sage ich. Klaube ich!
Denn ich bin ein Wortklauber,
ich klaube an das Wort.
Und wer’s klaubt, wird selig!
Kategorie: Texte (Seite 1 von 3)
man sagt:
schmiede das Eisen, solange es heiß ist –
wann aber schmiedest du Verse?
solange sie wahr sind?
solange sie klar sind?
solange sie dicht sind?
solange sie licht sind?
solange sie echt sind?
solange sie recht sind? –
Am besten, du schmiedest sie gar nicht:
du streichelst die Wirklichkeit
mit wohlwollendem Blick
und die Worte fallen dir zu…
Frank-W. Breitenstein
Die Auster ist ein schlaues Tier,
denn alles, was sie braucht, schwimmt ihr
direkt in ihren Magen.
Sie liegt herum ganz ungeniert.
derweil sie Wasser durchfiltriert,
kennt Hetzen nicht noch Jagen.
Vielleicht wird sie mein Wappentier,
denn wie der Auster geht es mir:
es zählt nicht nur das Wollen.
Der Dichter filtert, fischt und siebt
im Lebensraum, der ihn umgibt
und schöpft so aus dem Vollen!
Frank-W. Breitenstein
Früher flohen wir an Küsten,
wenn wir sonst bloß ächzen müssten
unter strengem Hitzeflimmern
in Büros und Klassenzimmern.
Heute braten wir mit Wonne
selbst in gnadenloser Sonne,
um hernach vor den Kollegen
Best-Erholung zu belegen.
Ergo – das liegt auf dem Tisch –
sind wir wohl nicht mehr ganz frisch!
Frank-W. Breitenstein
Zwei verpasste Abfahrten –
zwei nicht verpasste Glücksmomente:
nicht jeder Um-Weg ist ein Irr-Weg.
Frank-W. Breitenstein
Mein Kind, so sprach Frau Langohr ernst,
’s wird Zeit, dass du dein Handwerk lernst
nach guter alter Tradition,
wie’s unsre Ahnen taten schon.
Hier ist ein Pinsel, da ein Ei,
und nun beginn die Malerei,
damit ein Menschenkind es dann
im Garten besser finden kann.
Häschen weiß noch nicht so recht,
was es davon halten möcht‘.
Doch schließlich fängt es an, die Schalen
in allen Farben zu bemalen.
Hin und wieder geht ein Ei
im Eifer des Gefechts entzwei-
was soll’s: sogleich ersetzt man sie
aus eig’ner Legebatterie.
Die Mutter sprach, als dieses Spiel
dem Nachwuchsmaler grad‘ gefiel:
„Laß uns jetzt zu den Menschen eilen
und unser Werk an sie verteilen.
Denn jedes Jahr zum Osterfest
tun wir ihnen in ein Nest
buntbemalte Leckereien,
um sie damit zu erfreuen.“
Häschen meint, das lob‘ ich mir!
Und was bezahlen die dafür?
„Sie freuen sich, ich sagt‘ es schon,
ist das nicht der schönste Lohn?“
Es gingen Monate ins Land,
bis Häschen dieses Wort verstand.
Jetzt schenkt es sich die Seele frei
und ist unglaublich froh dabei!
Frank-W. Breitenstein
Sankt Nikolaus ist ohne Frage
zum größten Teil ein Kind der Sage.
Er tat ums Jahr 300 leben,
dafür solls Anhaltspunkte geben.
Doch wie er lebte, was er tat,
ob er und wem geholfen hat,
das wird wohl niemand je erfahren:
er bleibt der Mann mit weißen Haaren,
rauschig der Bart, rot seine Robe
und auch die übrige Garderobe.
Als Kinderschreck und braver Mann,
dem nicht genug man danken kann,
ist gleichermaßen er von Nutzen:
bringt manchen gar zum Stiefelputzen!
Die Artigen belohnt er reich,
das lernt ein jedes Kind sogleich.
Doch auch die Rute in der Hand
ist pädagogisch relevant.
Im Grunde ist es nicht zu fassen,
dass wir uns den gefallen lassen:
denn sonst ist bei uns kaum beliebt,
wer uns was in die Schuhe schiebt!
Frank-W. Breitenstein
Sagt die Veilchen-Frau zum Manne:
„Alter, auf geht’s, wir sind dranne!
Andre stehn schon voll in Blüte,
tragen bunte Frühjahrshüte.
Primeln, Tulpen Hyazinthen
prahlen schon. Bloß wir sind hinten!
Wenn das Drängen meiner Triebe
weiterhin gezügelt bliebe,
würde mich das sehr verdrießen.
Komm schon, Alter, lass uns sprießen!“
Sagt der Veilchen-Mann zur Frau:
„Blüh du nur, ich mach heut blau!“
Frank-W. Breitenstein
(Das Schneeglöckchen)
Ein Name wie aus edlem Haus,
klingt ganz nach Adel, Saus und Braus,
nach Schampus, Gehrock und Zylinder:
ein Prosit auf den Titelfinder!
Doch was dahinter sich verbirgt-
wie soll ich sagen: es bewirkt
zunächst einmal verblüfftes Schweigen.
Wie könnte man es anders zeigen,
dass –noch im Ohr den noblen Klang
des Namens- man nach Fassung rang?
Bei all der Pracht im Pflanzenreiche,
der doch wohl nichts und niemand gleiche,
erfülle einen schon mit Scham,
was da aus kalter Erde kam!
So äußert sich in Protzmanier
ein Pseudo-Rosenkavalier.
Mag sein: woanders in der Welt
blüht gerade, was noch mehr gefällt.
Bei uns jedoch, in unsern Breiten
braucht sich Galanthus kaum zu streiten.
Er neigt sein weiß behütet Haupt,
wissend dass jeder an ihn glaubt,
der –selbst bei Minustemperaturenschon
wandelte auf seinen Spuren.
Und eins ist sicher: erst im Lenz
entfaltet sich die Konkurrenz,
die ihn bei nem eventuellen
Treffen könnt in den Schatten stellen.
Doch über seine Schönheit spricht
der feine Herr Nivalis nicht,
um seinen Stand nicht zu verraten.
So sind sie, die Aristokraten!
Er also schweigt still und genießt,
wie er trotz rauhen Klimas sprießt.
Schon viele wollten ihn kopieren:
sie mussten elendig erfrieren!
Frank-W. Breitenstein
Windhauch legt den Fluss in Rautenmuster,
trübe reflektiert diffuses Licht,
und ein mühsam unterdrückter Huster
unkt: der Sommer wird wohl kein Gedicht!
Himmel hängt durchaus nicht voller Geigen.
Tröstlich nur: es regnet warm wie nie.
Meteorologen würden schweigen,
wenn sie könnten -zwecks Philosophie!