Sprecher Frank Breitenstein

Kategorie: Texte (Seite 2 von 3)

Et in terra pax…

Wenn es wieder Weihnacht,
wenn es wieder,
wenn es wieder Weihnacht wird,
kommt die Wiederholung
kommt die wieder,
kommt sie wieder unbeirrt.

Woho duhu fröhlich,
woho duhu,
woho duhu Fröhlichkeit?
Gnahadehen bringe,
Gnahadehe!
Gnahadehenloser Streit!

Friehiede auf Erden,
Friehiedehe,
Friehiede und Wohlgefall’n,
wenn wir wieder Weihnacht,
wenn wir wieder
Weihnachten zusammen knall’n!

Frank-W. Breitenstein

Druckerzeugnis

Mensch, verlegst du dich aufs Schreiben,
stehst du unter Dauer-Druck.
Schöpferisch sollst du stets bleiben,
auf Kommando und ruck zuck!

Solches fordern die naiven
Druck-Erzeuger nur zu gern.
Torpedier’n der Kreativen
Schaffenskräfte so im Kern.

Wollt Ihr Wunder auf Bestellung,
liegt Ihr leider völlig schief!
Den Effekt solcher Verprellung
Nennt man dann ein Krea-Tief.

Frank-W. Breitenstein

Die Sonnenblume

Zeigt im Osten sich die Sonne,
räkelt sie sich voller Wonne.
Langes Zaudern liegt ihr nicht:
lacht ins junge Himmelslicht.

Steht die Sonne im Zenit,
wendet sich in Reih und Glied,
Augen gradaus in die Höh,
brav die gelbe Feldarmee

Sinkt das Licht im Westen dann,
schau‘n auch das die Blumen an.
(Was um Himmels Willen macht
Sonnenblume nur bei Nacht?)

Ist sie nun nichts weiter als
bloß ein dumpfer Wendehals,
dem die Sonne früh bis spät
immerzu den Kopf verdreht?

Sonnenblume sucht allein
wahres Licht und nicht den Schein:
sie ist, wenn man’s so besieht
halt ein sonniges Gemüt!

Frank-W. Breitenstein

Schnee von gestern

Machten nicht erst gerade eben
unsre Sinne uns noch weis,
schwerlich könnt’ es andres geben
als nur Kälte, Schnee und Eis?

Weil die Welt in Winterstarre
alles frostig konserviert,
scheint’s, dass alles still verharre,
als ob weiter nichts passiert.

Weit gefehlt! Es stockt mitnichten
die stets emsige Natur.
Sie verrichtet ihre Pflichten
heimlich und verborgen nur:

Blüten unter Winterdecken
zwiebelt es schon im Gesäß
üben sich im Hälserecken
ihrer Vorsehung gemäß.
Denn sie wissen, was sie müssen:

Frühlings neues Schwung-Gefühl
in uns Trägen wach-kroküssen –
dem allein gilt ihr Kalkül.
Bald schon werden die Narzissen
gelbe Frühjahrsflaggen hissen.
Winter, nimm’s als Realist,
dass du Schnee von gestern bist!

Frank-W. Breitenstein

descártes für arme

ich denke, also bin ich
ich schreibe, also spinn ich
ich liebe, also leid ich
ich glaube, also streit ich

ich hoffe, also leb ich
ich lebe, also streb ich
ich strebe, also gier ich
ich giere, also irr ich

ich lebe, also sinn ich
ich sinne, also spinn ich
ich spinne, also schreib ich
ich schreib, und dabei bleib ich

Frank-W. Breitenstein

Lebens- Erwartung

Was immer dich im Leben erwartet-
Du kannst es erleben oder erwarten.
Was immer du im Leben erlebst-
Du kannst es nicht erwarten.
Wann immer du das Leben erwarten kannst,
wird das Erwarten zum Erlebnis.

Frank-W. Breitenstein

Der Bücherwurm

Es war einmal ein Bücherwurm,
der war durchaus belesen.
Er fraß sich wie ein Wirbelsturm
durch einen ganzen Bücherturm,
als wäre nix gewesen.

Zwar fraß der Wurm sich rundum satt,
doch ohne Ruinieren,
weil er gezielt sich gütlich tat
und bohrte nur an Punktes Statt.
Er hatte halt Manieren!

Kritiker priesen ihn als Star,
als einzig punkt-genauen.
Er mache auch dem Dümmsten klar,
dass Lesen gar nicht nötig war,
um Bücher zu durchschauen!

Das schmeichelte dem Wurm gar sehr:
er schlug über die Strenge
und machte fortan kreuz und quer
sich über teure Wälzer her.
Zog wahllos seine Gänge.

Verschlang hochgeist’ge Lit’ratur,
dicke und dünne Schinken,
und hinterließ –was trieb ihn nur-
ne einzige Verwüstungsspur.
Das ließ sein Image sinken.

Dies wurmte wohl den Giere-Schlund,
so dass er sich verschluckte.
Seitdem ist er verschwunden und
nahm nie ein Blatt mehr vor den Mund,
es sei denn unbedruckte!

Frank-W. Breitenstein

Bückebäumebilderbogen

Bäume bücken sich und biegen
ihre Äste. Blätter fliegen
auf und ab, wild wie das Leben,
bis sie nass am Boden kleben,
und der glänzend schwarze Teer
wandelt sich zum Farbenmeer.
Stets liegt dieses auf der Lauer.
Denn: Kaum endet jener Schauer,
fönt der Himmel ganz behende
jedes Blatt, dass es sich wende!

Und der Tanz beginnt auf Neue:
welch ein Wirbel, ja ich freue
mich und würd gern mit euch schwingen,
eure Leichtigkeit besingen
und genauso haltlos wagen,
mit euch Rad um Rad zu schlagen!

Nackt entblätterte Gerippe
die uns arglos auf die Schippe
nehmen und sich leblos stellen,
soll’n so leicht uns nicht verprellen:
denn noch ist nicht aller Tage
Abend und wir ahnen vage,
dass aus diesem Scheintod eben
doch sprießt neues altes Leben!

Frank-W. Breitenstein

Lebens Versicherung

Ich kann dein Leben nicht versichern.
Aber ich versichere dir: du lebst.
Ob du sicher lebst, ist nicht sicher.
Sicher ist nur, dass du stirbst.
Wann, ist nicht sicher.
Also hör auf die Versicherung
und lebe!

Frank-W. Breitenstein
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